Was mache ich hier eigentlich? Ganz alleine in Südamerika, ohne Freunde, ohne Mission, die ganze Zeit nur warten und nichts so tun... Manchmal frage ich mich genau das. Besonders, wenn ich mal wieder ein wenig missgestimmt bin, weil das ganze Motorradbuisness nicht ganz so geschmiert läuft wie ich es gerne hätte. Um solche kleinen depresiven Momente zu überwinden, erinnere ich mich dann was ich hier alles schon gemacht habe. Wenn ich ehrlich bin habe ich nämlich eine ziemlich gute Zeit hier.
In La Paz habe ich die meisten Leute am Billiardtisch kennengelernt. Ich war noch ziemlich schüchtern und das Wild Rover Hostel in dem ich logierte ist relativ groß, sodass ständig neue Leute auftauchen. Beim Billiardspielen kann man sich erstmal ein wenig begutachten, bevor man sich mit den üblichen Fragen "Where are you from?" und "How long have you been traveling for?" (und eventuell, wenn die Person einigermaßen sympatisch ist auch "What´s your name?") "kennenlernt". Es ist nie wirklich schwierig mit anderen Reisenden in Kontakt zu kommen, alle sind reichlich entspannt und offen. Allein dadurch, dass ich mich mit meinem Rubiks Cube in die Bar setzte habe ich zahlreiche Bekanntschaften gemacht und wurde mehrmals dazu aufgefordert das ganze doch bitte zu erklären. (In einem Fall war das Erklären aufgrund von Vorkenntnissen sogar mehr oder weniger erfolgreich, ansonsten scheiterte es meistens am knappen Zeitlimit.) Der Rubiks Cube ist auf jeden Fall ein klasse Conversation Starter.
Ähnliches gilt fürs Jonglieren. Ich habe mich deutlich verbessert, seit ich weggefahren bin, weil ich endlich mal dazu komme bzw. mir die Zeit nehme, vernünftig zu üben. (Selbiges gilt für den Cube @Jojo oder anybody der sich auskennt, ich arbeite momentan an PLL, OLL ist dann als nächstes dran...) Ich glaube ich habe schon etwa 50 verschiedenen Leuten versucht die Jonglier-Basics beizubringen. Auch hier nur mit mittelmäßigem Erfolg, aber was solls, ebenfalls klasse um Leute kennenzulernen.
Am Tag meiner Ankunft in Santa Cruz gab es das famose Barbeque des Jodanga Hostels. Für damals noch 55 Bolivianos gab es ein All-you-can-eat-and-drink mit Fleisch, Salat und furchtbarem Vodka oder Rum. Mit dabei eine große Gruppe von Leuten, die soeben aus dem Park, dessen richtigen Namen ich bis heute nicht weiß, zurückgekommen sind. Man bleibt dort mindestens einen Monat und kümmert sich um Jaguare, Leoparden und ähnliche Großkatzen, die von ihren früheren Besitzern missbraucht wurden, sodass sie jetzt Hilfe benötigen. Gassigehen mit dem Panther, Kuscheln mit dem Leoparden und ähnliche Geschichten wurden alles ausgepackt. Zwei kanadische Brüder aus der Gruppe konnten es nicht lassen überall Backflips zu "busten", weshalb ich die Gelegenheit natürlich nicht versäumte mir den Backflip nochmal vernünftig erklären zu lassen. Mittlerweile sind meine in den Pool sogar recht vernünftig, ich habe es aber noch nie auf festem Grund versucht. Mit dieser Gruppe habe ich das Wochenende lang abgehangen. Nachts sind wir natürlich feiern gegangen, was leicht angegtrunken zur genialen Klamottentausch-Aktion führte. Mitten auf der reichlich belebten Partystraße Avenida Equipetrol, kamen der eine Typ und das eine Mädel auf die Idee, dass es doch lustig wäre jetzt die Klamotten zu tauschen. Bedauerlicherweise hatte sie aber vergessen, dass sie unter ihrem Kleid keinerlei Unterwäsche trug...
Außerdem traff ich im Jodanga die tapferen Recken Wendelin und Gereon (zusammen mit ihrem Knappen Christoph), die wirklich so heißen. Drei Deutsche, die hier in Bolivien ihren Zivi machen, indem sie in einer Schule versuchen Englisch zu lehren. Mit eher mäßigem Erfolg. Als ich sie hier traf, waren sie gerade am Anfang ihrer zwei monatigen Ferien, da hier Sommerferien sind. Wir waren Quad fahren und im Kino für Harry Potter, was beides eher mäßig war. Klasse war aber mal wieder jemanden zu haben, der einigermaßen kickern kann. Hier im Hostel gibt es nämlich einen Kicker. Er ist zwar ziemlich heruntergekommen, die Mittelreihe hat nur vier Spieler, weil er etwas schmaler ist, und macht einen Lärm als würde jemand das Geschirr zerschmettern. Man kann aber spielen. Trotz der nicht unbeachtlichen Fähigkeiten meiner Landsmänner konnten sie meinem überlegenen Können nicht standhalten und ich habe kein einziges Spiel verloren. (Danke an dieser Stelle an Peer & Jojo für unzählige Freistunden!)
Die nächsten drei Wochen habe ich überwiegend mit Nick aus Leipzig verbracht. Er ist wenn ich mich richtig erinnere irgendwas um die 38, sieht aber aus wie 25. Er war drei Wochen hier in Santa Cruz, weil sein Flug nach Kolumbien von hier ging. Und weil seine Freundin, mit der er sich in Kolumbien trifft, ihm gesagt hat, er dürfe alles machen, er solle es ihr dann hinterher nur nicht sagen, waren wir praktisch jede Nacht in irgendeinem Club. Tagsüber haben wir die Stadt erkundet und zahlreiche Märkte besucht (okay eigentlich nur einen, den aber mehrmals!) während er mich mit Geschichten aus seiner Vergangenheit unterhielt. Das enthält, beschränkt sich aber nicht auf:
Campingurlaube, die darin endeten, dass er vom Campingplatz geschmissen wurde; zwei Fahrräder und vier Jungs zu einer Party, einer der Jungs schnappt sich ein Fahrrad und geht früher, ein Beladeexperiment welches in einem kaputten Drahtesel und einer Nachtwanderung nach Hause endet; Marihuana in Karamelsbonbons; wie er zu seiner Freundin gekommen ist, obwohl sie vergeben war (enthält Details zu wie und wo man am besten Fremdgeht); zahlreiche Salsafestivals (ja sowas gibts, man glaubt es kaum); ein Tagestripp nach Malle, um es mal so richtig krachen zu lassen.
das gute kickern kommt von all dem training in der astreinen österreichischen Hoch-Berglage. Somit bist du da unten fürs Kickern schon aklimatisiert :D:D:D
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